Hitzefrei, ein Mai in Kroatien

In den nächsten 9 Tagen gilt es für mich, von Split nach Punat auf der Insel Krk Einhand zu segeln.
Daher habe ich den Titel dieses Blogeintrages an einen Buchtitel angelehnt, mit dessen Empfehlung ich diesen Törnabschnitt beginnen möchte.

Ich lese sehr gerne; deshalb fahre ich in der Zeit, in der ich nicht gerade segle, sondern ab und zu auch richtig arbeite, gerne mit der U-Bahn bzw. den Wiener Öffis.

So genisse ich den Luxus und habe täglich 2 x etwa 30 Minuten Zeit, in der Welt der Bücher Fantasiewelten zu besuchen, Kommissaren bei der Aufklärung von Morden über die Schulter zu lesen oder in Reiseberichten die Erlebnisse Anderer mitzuerleben.
Neben den altmodischen papiergebunden Büchern bietet sich natürlich auch ein EBook für die UBahnfahrten sehr gut an.
Handlich und in jede Jackentasche passend transportiere ich die Inhalte von rund 300 Büchern mit mir herum.

Ich war mir aber bis vor kurzem nicht bewusst, dass ich dieses Buch jemals auf mein EBook geladen habe (ich vermute, es war Rotina), entdecke ich im Inhaltsverzeichnis ein Buch mit dem Titel:

Hitzefrei, ein Sommer in Spitzbergen.

Zuerst denke ich, dass es eventuell ein Bericht eines Kreuzfahrers ist (Rotina ist ja hin und wieder auch auf den Ozeanriesen unterwegs, und wollte immer schon mal nach Spitzbergen), aber schnell erkenne ich darin dann doch eine wahre Segelgeschichte.

Ich lese also ahnungslos drauf los und bin von Beginn an fasziniert über die brillianten und spannenden Ausführungen des Autors.
So freue mich jeden Tag ein kleines bißchen mehr auf meine UBahnfahrt, um die Schilderungen des Autors weiter verfolgen zu können.

Eines Abends erzähle ich Rotina von diesem sehr guten Buch und frage sie, ob sie mir dieses etwa auf mein EBook geladen hat.

Sie kann sich auch nicht genau erinnern, schaut am PC aber nach, wer der Autor des Buches ist und kommt mit den Worten „Das glaubst mir jetzt aber nicht, von wem das Buch geschrieben wurde ….“ ins Zimmer zurück.

Der Autor ist Fritz Pölzl, ein Segler und Hochseeausbildner, den wir vor einem Jahr im Solent während der Offshore-Sailing-Instructor-Ausbildung kennen- und schätzen lernen durften.

Hitzefrei: Ein Sommer auf Spitzbergen

2012, ISBN: 9781480013407

Leseprobe


Tag 40
Proviant habe ich schon gestern gebunkert.
Es bleibt also nur mehr übrig, den Liegeplatz in der Marina zu bezahlen und so verlasse ich bereits um 0940 den Hafen.
Zuerst unter Motor, und dann entlang der Küste bei 12 Knoten Gegenwind ein paar Schläge.
Die Strömung, die uns während der GSC-Regatta so zu schaffen machte, verläuft nun in meine Richtung und ermöglicht somit ein gutes Weiterkommen.
Am Ende des Tages bleiben jedoch von den gesamten 40 Seemeilen Tages-Etmal trotzdem nur 9 gesegelte Seemeilen übrig.

Auf der Insel Zirje gehe ich in der Bucht Vela Stupica zu der dem Ufer am nächsten liegende Boje, da ich keine Lust habe, für das Dinghi den Außenborder in Betrieb zu nehmen. Die Ruder müssen dieses Mal reichen.

Im Hafenhandbuch wird eine verfallene, byzantinische Festung auf dem 42m hohen „Berg“ neben der Bucht erwähnt.
Mit ausreichend Proviant ausgestattet – also eine Dose Bier als isotonisches Getränk – beginne ich den Aufstieg, werde aber gleich vom OPA des Gasthauses angesprochen, dass er es sehr schön findet, wenn noch kleine Boote mit kleiner Crew vorbeikommen, so wie vor etwa 40 Jahren.

Nach einem kurzen Plausch über die guten, alten Zeiten setze ich meinen Weg fort und schaffe gerade noch vor dem Sonnenuntergang einige kitschige Fotos zu schießen.

Tag 41
Heute ist ein wahrhaft traumvoller Segeltag.
Nachdem ich unter Maschine aus der Bucht gefahren bin, konnte ich den Blister setzen und habe mich durch die kleinen Inselchen im Süden der Kornaten geschlängelt.
30 Seemeilen in 6 Stunden mit dem Blister ist oft nur möglich, wenn das Ziel der Weg ist (oder war es doch „der Weg ist das Ziel“?) und der Wind einem dorthin bringt, wohin er will.
Im Norden von Zut, in der Bucht von Pinizelic, war noch Nichts los.
Nur ein Arbeiter, der einige Sommerhäuschen aus dem Winterschlaf geholt hat und der einen kleinen Hund bei sich hatte, der mich gleich an der Mole freudig begrüsst und sich danach seine Streicheleinheit von mir als Wildfremden geholt hat.

Tag 42
Für die nächsten drei Tage ist – zur Abwechslung zum Jugo – dieses Mal wieder Bora angesagt. Diesmal sogar mit 60 Knoten in meinem Segelumfeld, wo ich mich gerade befinde.
Daher suche ich Schutz im Stadthafen von Molat und hoffe, dass die zu erwarteten Boraböen nicht allzu heftig über mich hinwegziehen mögen.
Nach reifer Überlegung, wie ich alleine diesen Starkwind abwettern kann, entscheide ich mich zu einem etwas untypischen Anlegemanöver: zuerst längseits so tief als möglich im Hafen, denn verhole ich mich mit insgesamt 3 Muringleinen am Heck, so dass ich mit dem Bug Richtung Kai liege und eine zusätzliche, lange Vorleine in Windrichtung, um den Zug auf die Murings zu vermindern. Man sieht das Endergebnis dieses nicht alltäglichen Anlegemanövers der JO EH übrigens ganz gut am ersten Foto.
Nach dieser mühsamen, aber notwendigen Leinenarbeit finde ich noch an Land einen der ganz netten „Lost Places“ von Molat.

Tag 43 und 44
Heute und am morgigen Tag heißt der Plan: Aussitzen der Bora und ausgiebige Wanderungen in und um Molat.
In einigen Gesprächen mit den Einheimischen habe ich Vieles über eine 200 km/h Bora im letzten Winter erfahren, wo man die Schäden noch an vielen Ecken erkennen kann und die auch noch in den Köpfen der Bevölkerung vorhanden ist.
Zwischendurch finde ich wieder einige „Lost Places“ und das wohl genialste Autokennzeichen der Insel.
Mit Hafenkapitän Zlatan habe ich auch einige Stunden geplaudert und irgendwie hat er mich auch ein wenig in sein Herz geschlossen, da er sich die überschwängliche Verabschiedung von mir am dritten Tag nicht nehmen hat lassen.

Tag 45
In großen Schritten geht es nun weiter in den Norden und obwohl noch immer eine fette Borawalze über dem Velebit-Gebirge lag, war nicht allzuviel Wind vorhanden, der mich gemütlich nach Ilovik brachte.
Zuerst legte ich an einer Boje vorübergehend an, um das Boot für den Hafen klar zu machen.
Dann – wie in der Adria üblich – römisch-katholisch, mit Hilfe einer ältern Dame von einem deutschen Motorboot, welches schon seit zwei Tagen mit ausgefallener Hydrauliksteuerung im Hafen lag, angelegt.
Ein kurzer Rundgang auf der Insel, wo noch sehr wenig Touristen anzutreffen sind, dafür aber um so hübschere Blumenarangements an jeder Ecke.
Der viele Regen des letzten Monats lässt Kroatien ein wenig an die saftige, grüne Steiermark erinnern.

Tag 46
Eine Tragödie wäre beinahe das Ablegemanöver in Ilovik geworden, denn ich komme der Muring meines Stegnachbarn gefährlich nahe, vernachlässige dabei meine Steuerbord-Heckleine und nachdem ich über die Muring drüber gerutscht bin und wieder Gas gebe, kommt mir doch tatsächlich die Steuerbord-Heckleine in den Propeller.
Nach einer Schrecksekunde verhole ich mich mit zwei weiteren Leinen zwischen Stegnachbarn und einem weiter vorne liegenden Fischer.
So habe ich Zeit, mich auf einen kühlen Tauchgang vorzubereiten.
Ganze 14°C zeigt das Thermometer …. *brrrschüttelfrier*
Ich stelle mir also eine Pütz voll warmes Wasser auf das Achterdeck und unter Beobachtung von etwa drei Crews nebenan schaffe ich mit drei Tauchgängen den Festmacher von der Schraube zu lösen.
Die Leine ist in Ordnung, auch der Propeller sieht gut aus und das Getriebe lässt sich auch noch gut schalten … *gottseidank*

Aber nach der Action habe ich keine Lust auf einen langen Segeltag und begebe mich nach Pogana an die Südspitze von Cres.
Bereits gegen 1300 mache ich an einer Boje knapp hinter dem kleinen Wellenbrecher fest.
Nachmittags unternehme ich einen ausgedehnten Spaziergang zu der ensamen Bucht Baldarin. Auf den insgesamt 8 km begegne ich keinem einzigen Menschen, nur einer etwa kinderarmdicken Schlange von knapp 2 Metern Länge, die mich irgendwie zum Umkehren bewegt.

Tag 47
Heute geht es am Leuchtturm Trestinik vorbei, den wohl jeder FB2-Schüler noch gut von seinen Kartenarbeiten kennt.
Teilweise leichter Segelwind, der ab und zu einschläft und dann wieder auffrischt, prägen den ganzen Tag.
So segle ich noch an der Nordspitze von Rab vorbei und lege an der ehemaligen Gefängnissinsel Grgur längseits an.
Die Kellnerin des Gasthauses hilft mit bei der Leinenübernahme, entschuldigt sich aber gleich, dass es heute noch kein Essen gibt, denn morgen ist erst der erste offizielle Öffnungstag. Ich könnte aber trotzdem gerne auf ein kühles Bier vorbeikommen.
Verfallene, alte Gebäude wirken auf mich faszinierend, daher erkunde ich die nähere und weitere Umgebung und finde neben den offensichtlichen Gefängnisgebäuden auch noch ein verfallenes Haus mitten im Wald.
Meine Vermutlung liegt nahe, dass dort einst der Gefängnisdirektor wohnte.

Zurück von meiner Erkundungstour komme ich auf das Angebot der Kellnerin zurück und genehmige mir in der Abendsonne ein kühles Karlovacka.
Die Wirtsleute verlassen bereits die Insel, und ich darf ganz alleine zurück bleiben.
Unglaublich, diese Ruhe und Stille.
Kalte Küche steht heute am Bord-Speiseplan, so genieße ich meine kalte Jause mit dem Ausblick aus meinem kleinen Cockpit heraus.
Ganz leise bekomme ich Besuch: ein neugieriges Reh kommt bis auf wenige Meter an mich heran und wundert sich wohl über den einsamen Segler.
Der anschließende Sonnenuntergang verzerrt dieses idylische Bild schon wahrlich ins Kitschige.
Heute ist übrigens mein letzter Tag als Solo-Segler für diesen Törn, glücklich von diesen kitschigen Szene verziehe ich mich daher unter Deck und schaue mir als Highlight das Staffelfinale von Games of Throne an.

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