Tag 27
„Zu bezahlen wären für die Hafengebühr 384,- Kuna …“
Auf mein Argument, dass dieser Preis doch etwas happig ist, meint die gute Dame hinter der Hafenbüro-Budl, dass der Preis in der Hauptsaison noch teurer ist … *aaaaahhh*
Dafür druckt sie mir den Wetterbericht aus und überreicht ihn mir freudenstrahlend.
Ich denke mir dabei: „Oida – Schreikrampf oder Lachanfall?“ als ich den Ausdruck der Windfinder-Internetseite in die Hand gedrückt bekomme.
Ja, auch ich schaue – neben den guten, alten ausgedruckten Wetterprognosen, natürlich auch auf Internetseiten wie zB Windfinder , Windy, o.Ä. nach, um zu sehen, was eventuell in den nächsten Tagen zu erwarten ist.
Denn, meine lieben MitseglerInnen, das Wetter ist eines der wichtigsten Faktoren bei unserem Hobby.
Versucht bitte, die Wetterkarten zu verstehen, den Weg eines Tiefs anhand der letzten 24 Stunden selbst zu bestimmen, lernt darüber und vertraut nicht automatisch erstellten Prognosen.
Holt Euch Informationen von den örtlichen Seewetterdiensten, wie zB Aladin, denn die haben dort ganz spezielle Erfahrungen für das Revier in dem ihr segeln wollt.
Also schnell mal auf der Seite des Seewetterzentrums Split nachschauen und erfahren, dass zu dem angekündigten Westwind natürlich auch eine Front gehört, die sich um ein Tief über Irland dreht; also eh „nur“ Ausläufer sind, die mich voran treiben werden.
So ankere ich nach 7,5 Stunden Fahrt und 36 Meilen Tages-ETMAL auf der Ostseite der Halbinsel Prizba auf Korcula und bin somit offiziell in Süddalmatien angekommen.
Das Wetter verführt mich zu einem kleinen Landspaziergang.
Dazu muß ich jedoch den Motor der OH JE (Beiboot der JO EH) nach der Winterpause auch wieder zum Leben erwecken.
Nach 5 Minuten läuft das Ding zwar – vermutlich durch den alten Sprit vom Vorjahr – etwas unrund, bringt mich aber dennoch brav zum Ufer und sogar wieder zurück.
Abends verwöhne ich mich noch mit selbstgemachten Palatschinken, einer Flasche kühlen Chardonnay und eine der letzten Folgen von „Games of Thrones“, die mich bis jetzt fast jeden Abend begleiteten.
Tag 28
Gut ausgeschlafen, nach dem Frühstück, habe ich mir noch eine Stunde Erholung gegönnt und breche dann um 1000 meinen Weg gegen Süden auf.
Zuerst gibt es einen guten Segelwind, zwar zum Kreuzen, aber das gehört ab und dazu ohnehin dazu.
Ein langer Schlag Richtung Lastovo und dann ein Streckbug entlang von Korcula.
Um 1700 ankere ich in der Bucht Zuljana auf Pelesac, die doch – auch bei einem Tiefgang von 1,60 m, dennoch sehr seicht ist.
Auf Höhe der Hafenmole lasse ich den Anker fallen.
Tag 29
Um 0830 lässt mich plötzlich einsetzender Süd-West-Wind inkl. Dünung meinen Ankerplatz fluchtartig verlassen. Mit erhöhter Motordrehzahl um das Kap und die nächsten 3 Stunden mit voller Genua Richtung Osten.
Bereits um 1230 kann ich in den Stonski-Kanal einbiegen und fahre unter Maschine noch bis 1345 nach Ston, wo mich ein überaus netter Hafenmeister empfängt, und ich längseits an der noch nicht ganz fertigen Mole festmache.
Das Wetter ist gerade gnädig. Also maschiere ich in die Altstadt, in der ich in meiner jahrzehnte langen Seglerei bisher noch nie war und mich total darauf freue, da mir Ston von verschiedenen Leuten als sehr hübsche Destination empfohlen wurde.
Es reicht die Zeit und vor allem das Wetter, um einen Teil der längsten Mauer Europas und der zweitlängsten (nach der Chinesischen Mauer) Mauer der Welt zu bezwingen, und ich dachte schon, ich hätte mich vernavigiert … *ggg*
Tag 30
Vormittags düse ich mit meinem E-Scooter nach Mali Ston, wobei aber der nördliche Stadtteil von vielen, sehr touristischen Konobas durchsetzt und daher weniger fotogen ist.
Nach einem netten Plauscherl mit dem Hamburger Katamaranskipper hinter meinem Liegeplatz lege ich um 1300 von Ston ab.
Nach dem Stonski-Kanal setze ich bei leichtem Wind die Segel und segle zwischen den Inseln und dem Festland gemütlich gegen Süd-Osten.
Auf der letzten Insel vor Dubrovnik suche ich mir eine geschützte Bucht und mache an einer privaten Boje fest.
Das Meer ist an dieser Stelle leider sehr trüb, und so kann ich nicht erkennen, wie die Boje am Meeresgrund befestigt ist.
Nach dem Abendessen gewittert es in einiger Entfernung; deshalb verlasse ich doch die Boje und ankere lieber mitten im Hafenbecken.
Tag 31
Am Vormittag besuche ich noch die kleine Insel Celo.
Keine Besonderheiten, nur kleinere Ausgrabungsstätten verfallener Kapellen und ein paar Damen, die ihren selbstgemachten Honig anpreisen.
Auf den letzten Metern zum Dinghi fängt es an zu regnen.
Ich stelle mich unter das Vordach des kleinen Supermarktes, um den Schauer abzuwarten.
Neben mir drei Kroaten im gesetzteren Alter; sie trinken Bier vom Supermarkt.
Der Regen wird immer stärker, und ich stelle mich anhand des Wolkenbildes auf ein wenig mehr Wartezeit ein.
Also betrete ich den Supermakt, kaufe vier Bier und verteile sie an meine Mitwartenden.
Bamm, nun bin ich der Hero der Insel.
Wir quatschen ab sofort mit Händen und Füßen, wie schön doch Kroatien ist, aber ab 50 Jahre bekommst keine Arbeit mehr, zumindest nicht auf den Inseln, das hätte es unter Tito nicht gegeben.
Nach einer Stunde nutze ich eine kleine Regenpause, um halbwegs trocken zur JO EH zu gelangen.
Gar nicht so einfach, denn es waren dann doch 3 Runden Bier und das auf nüchternen Magen.
Meine drei neuen Freunde winken immer noch als ich schon aus der Bucht tuckere und natürlich regnet es schon wieder.
Nach 12 Seemeilen unter Motor mache ich eine kleine Runde durch das Hafenbecken der Bucht Tiha bei Cavtat.
In einer halbfertigen Marina liegen nur Boote von Einheimischen wie üblich an kleinen Bojen mit Landfeste. Also kein Platz für Yachties.
Also ankere ich vor einem Hotelstrand und geniese gleich ein paar Taxiboote, die mit Vollgas durch den Hafen düsen.
Das Hinweisschild mit max. 4 Knoten wird hier anscheinend von Jedem ignoriert.
Tag 32
Heute ist wieder Home-Office angesagt und auch ein Spaziergang durch das belebte Dorf geht sich aus.
In Cavtat ist Hektik, agressives Werben der Einheimischen um jeden Touristen angesagt: Jeder will Dich mit seiner eigenen Nußschale zu der ultimativen Dubrovnik-Tour überreden.
Lautstarke „Matura“-Yachten an der Zollmole zum Ausklarieren; die Polizeibeamten und die Zöllner sehen ang’fressen aus.
Kein Wunder, denn sie verstehen kaum ihr eigenes Wort bei DER Geräuschkulisse.
Ich bekomme hingegen zur Belohnung einen kitschiger Sonnenuntergang.
Mal schauen, ob die JO EH auch zum Partyboot wird, denn ab morgen kommen meine Tochter Isabella, mein Sohn Gerald und Schwiegertochter Janina für eine Woche auf Besuch.
Heute ist auch gleichzeitig Halbzeit meiner kleinen Reise.
Also Zeit für ein bißchen Statistik:
Von den bisher zurückgelegten 565 Semeilen bin ich 324 gesegelt, für die verbleibenden 241 Seemeilen hat mein Nanny-Diesel in 78 Stunden etwa 102 Liter Diesel verbrannt.
An Hafengebühren sind 800,- Euro zu bezahlen gewesen, hingegen ist der Anteil an Proviant mit 200 Euro lächerlich gering, wobei fairerweise gesagt werden muss, dass das Essen während der YCA-Gebirgssegler-Regatta von den Regattabeiträgen getragen wurde.