Tag 9
Heute ist nur leichter Nordwestwind angekündigt, die geplante Strecke nach Tisno ist aber auch nicht besonders lange.
Bei strahlendem Sonnenschein segle ich gemütlich mit durchschnittlich 3 Knoten durch die dalmatininische Inselwelt.
In der Nähe befinden sich einige größere Charterhäfen, daher tauchen bereits die einen oder anderen Segler um mich herum auf. Ich fühle mich gar nicht mehr so alleine.
Jedoch kann man kaum die Umgebung aus den Augen lassen. Zum Einen die deutlich höhere Anzahl an Booten und zum Andern sind in diesem Gebiet zusätzlich eine Unzahl an Untiefen und Miniinseln, die ständige Kurskorrekturen erfordern. Also volle Konzentration als Einhandsegler.
Als ich in den Meeresarm nach Tisno bei der Marina Betina auf der Insel Murter abbiege, frischt der Wind unangenehm böig auf, und ich reffe die Genua großzügig.
Unter langsamer Fahrt richte ich alles für das Anlegemanöver her: Fender ausbringen, Festmachterleinen an Bug und Heck belegen und nochmal kurz das Hafenhandbuch mit den Tiefenangaben am Ploter vergleichen. Solosegeln ist teilweise recht arbeitsintensiv. Schon alleine deshalb, weil man sich ständig sichern muß. Über Bord zu gehen, ist bei 13° kaltem Wasser, ohne Mannschaft, die einen retten kann, recht ungesund.
Der auffrischende Wind macht das Anlegemanöver nicht unbedingt einfacher. Zuerst drehe ich eine knappe Runde um meinen gewünschten Platz, um alle Eventualitäten auszuloten. Ich bilde mir natürlich ein, dass ich bei diesem Wind unbedingt mit der Nase gegenan stehen will, um im Cockpit geschützter zu sein.
Bei langsamer Fahrt schaffe ich es zwar, den etwa 2 m vom Kai entfernten Poller „zu fangen“, jedoch bin ich nicht schnell genug beim Belegen, um in die Achterleine Eindampfen zu können. Handschuhe hätten mir das kleine fehlende Stück Haut am linken Mittelfinger ersparen können.
Mit voller Motordrehzahl kommt der Bug zum Glück wieder in den Wind und ein freundlicher Kroate mit „RYA“ Kapperl versteht sofort, dass ich gerne mit einer Bugleine zum Kai gesichert werden würde.
Nach kurzem Geplauder während ich die Spring ausbringe, liege ich sicher an der nördlichen Stadtmole von Tisno.
Kurz darauf kommt mich Christian Haschke, ein Segelfreund, den ich vor 3 Jahren bei einem 4 Wochen Überstellungstörn von Les Sables nach Sibenik kennen lernen durfte, auf der Jo Eh besuchen. Bei einem Bierchen montieren wir gemeinsam den Rotor des Windgenerators und machen uns einen Zeitpunkt zum gemeinsamen Abendessen bei Dida Toni in Tribunj aus. Beim Abendessen erfahre ich das er Heike, seine Lebensgefährtin, am 06.06.2019 heiraten wird. Ich freue mich für die Beiden, sie haben einen sauberen Abschied aus Deutschland geschafft und konnten sich in Kroatien ein neues, solides Leben aufbauen.
An diesem Punkt möchte ich Euch eine Buchempfehlung geben:
Heike und Christian überstellten eine Lagoon 450 von Griechenland nach Thailand. Auf 288 Seiten erzählt Heike Leyendecker pfiffig in ihrem Buch
Palmen Piraten Phuket oder Rendezvous mit Murphy’s Law
ISBN 978-953-48283-0-4
eindrucksvoll ihre Abenteuer, die auf 100% wahren Gegebenheiten basiert. Bestellen oder eine Leseprobe finden könnt ihr hier:
https://www.kornati-charter.com/palmen-piraten-phuket-das-buch/
Der nächtliche Besuch.
Die REM Tiefschlafphase wird so gegen 0300 brutalst unterbrochen.
Direkt oberhalb meiner Heckkabine kratzt etwas ganz unverschämt auf meiner Luke. Ich erspähe durch das Milchglas nur schemenhaft zwei Beine und einen buschigen Schwanz.
Ich klopfe von unten gegen die Scheibe, um diesem Tier zu zeigen, dass diese Höhle schon bewohnt ist. Dies lässt jedoch den Störenfried unbeeindruckt. Erst als ich das Luke öffne, springt es in einem Satz von Deck am Kai und bleibt in etwa 3 Meter Entfernung stehen.
Es ist ein rot-weißer Kater, der mich recht verdutzt anblickt.
Unbezahlbar, was er sich dabei gerade gedacht hat.
Tag 10
Die Brücke in Tisno öffnet in der Vorsaison nur am Montag, Mittwoch und Freitag, jeweils von 0900 bis 0930.
Sicherheitshalber stelle ich mir den Wecker und frühstücke etwas Ausgiebiger mit gerösteten Toast, Eiern, Wurst und Käse. Natürlich regnet es wieder einmal und so lege ich 5 Minuten vor 0900 bei Null Wind vom Kai ab und warte gute 15 Minuten bis sich die Brücke hydraulisch geöffnet hat. Ich denke, dass selbst die handbetriebene Brücke in Losinj deutlich schneller ist.
Nach der Durchfahrt verhole ich mich gleich an der Südmole in Tisno, denn es ist Mittwoch und das ist mein wöchentlicher Homeofficetag. An der Stadtmole ist nur bedingtes Wlan möglich, jedoch ist das Handynetz mit 4G+ nahezu unschlagbar.

Tag 11
Sehr zeitig breche ich bei Regen in Richtung Kaprije auf. Sobald ich mich etwas vom Festland entfernt habe, wird das Wetter deutlich besser. Nach etwa 2 Stunden sehe ich die nächste Regenfront auf mich zukommen, und ich biege in die sehr große Bucht Potkucina auf Kakan ab. Dort mache ich mich an einer Boje für die Nacht fest. Ich zähle in der Bucht etwa 60 Bojen und 3 Wirtshäuser an Land. Das bedeutet etwa in der Hochsaison 400 Leute, die in der Bucht baden und eventuell auch ihre Notdurft verrichten. Ich glaube, dass meine Entscheidung, in der absoluten Vorsaison zu segeln die richtige Entscheidung war.
Tag 12
Eine recht kühle Bora lässt mich früh meinen Bojenplatz verlassen und so segle ich heute in eine mir noch komplett unbekannte Bucht Morinje. Die Einfahrt unter einer 20,5 Meter hohen Brücke ist besonders eindrucksvoll und der schmale Flußlauf zu einem sehr flachen See ist wunderschön. Bei einer Wassertiefe von 3 Meter ankere ich an einer sicheren Stelle.
Tag 13
Heute hole ich Rotina aus dem 10 Seemeilen entfernten Sibenik ab. Sie kommt gemeinsam mit Irene von Pula aus mit einem Leihwagen zu unserem Treffpunkt. Perfekt getimed treffen wir alle gleichzeitig innerhalb von 3 Minuten an der Stadtmole neben der Tankstelle ein.
Das nächstes Ziel ist die Marina Frapa, wo wir Michael Wottle als drittes Crewmitglied für JO EHs erste Regatta zu komplettieren.